Der Geschichtenerzähler

Im Schatten eines Mangobaums saß er auf einem weißen Plastikstuhl. Der Geschichtenerzähler.
Es war heiß und die Mittagsglut vibrierte.
Ich genoss jeden Windhauch, der über mein Gesicht strich.
Die grünen Blätter bewegten sich geschmeidig und begannen, mit den Klängen des Geschichtenerzählers zu tanzen. Sie verschmolzen mit seinen gesungenen Worten.

Elegant und anmutig glitten seine schwarzen, langen Finger über die Saiten seiner Kora. Er ging so liebevoll mit ihr um, als wäre sie seine Geliebte – sie ist es.
Er hatte sie jederzeit dabei, seine treue Begleiterin.
Während er ihre Saiten zupfte, erzählte er mir eine Geschichte– er sang die Worte.
Ich hörte dem Leben zu …
Es erzählte von früher, von den Ahnen und den Geistern. Von der Liebe und dem Tod. Von Leid und Glück. Von Krieg und Frieden.
Die Geschichten kannte er von seinem Vater, sein Vater wiederum von seinem Vater und der Vater von dessen Vater … bis weit zurück. So werden Geschichten in Westafrika bis heute weitergegeben und halten die Tradition lebendig.
Es sind Ereignisse aus dem Leben, mal fröhlich, mal traurig, zum Lachen, zum Weinen, zum Nachdenken. Immer begleitet von der Musik des Geschichtenerzählers. Er kommt zu jeder Taufe, Hochzeit, Beerdigung. Er ist gerne gesehen und jederzeit willkommen. Er besingt und segnet die Menschen, die Lebenden und die Toten, die Erde, die Felder, den Regen und die Ernte.
Ich lauschte und lauschte. Seine Geschichten und die Klänge seines Instruments berührten und verzauberten mich.
Ich wurde schläfrig. Die Hitze war bleiern, mein Körper schwer, doch die Musik machte mich leicht und glücklich.

Love Monika

Zurück
Zurück

Ein blaues Wunder

Weiter
Weiter

Lebensträume